Verfolgung der Sinti

Sinti in Hannover in der Nähe des Hohen Ufers. Etwa 1920. Historisches Museum Hannover, 003725


Mahnmal für die Sinti , Moorwaldweg Altwarmbüchener Moor
Ab 1938 mussten Sinti, die  in Hannover auf Stellplätzen oder in Mietwohnungen lebten, zwangsweise  in ausrangierte Eisenbahnwaggons auf dem Sammellager im Altwarmbüchener Moor ziehen. In der Nacht zum 1. März 1943 räumte die Polizei das Lager, trieb die 27  Kinder, Männer und Frauen auf Lastwagen. Vom  Bahnhof Fischerhof transportierte die Menschen ein Zug  zum „Zigeunerfamilienlager“ im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Das hölzerne Mahnmal mit der Überschrift „ Das Tor von Auschwitz war der Eingang zur Hölle“ wurde  drei Monate nach seiner Einweihung  (3. März 1998 ) von Neo-Nazis zerstört und anschließend  erneuert.
Foto: Privat, Karte: openstreetmap

 

 


Johann-Trollman-Weg in Hannovers Altstadt zwischen Burgstraße und Goldenem Winkel
Foto: Privat, Karte: openstreetmap

Johann „Rukeli“ Trollmann hat man den Titel „Deutscher Meister im Mittelgewicht“ 1933 trotz Sieges nicht anerkannt. Er wurde am 9. 4. 1944 in einem Außenlager des KZ Neuengamme von einem Kapo erschlagen, nachdem er gegen ihn boxen musste und gegen den er trotz erheblicher körperlicher Schwäche gewonnen hatte.

Ziel des Vereins Rukeli Trollmann e.V. ist es, das Andenken an Johann “Rukeli” Trollmann zu erhalten. Er soll die Würdigung und öffentliche Anerkennung erfahren, die ihm angesichts seiner Bedeutung als außergewöhnlicher Sportler und als tragische Figur der Zeitgeschichte zusteht. www.rukeli-trollmann.de
Foto: www.rukeli-trollmann.de



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Diskriminiert wegen ihrer Lebensweise
Schon im 15. Jahrhundert setzte auch die Diskriminierung und Verfolgung der Sinti und Roma ein. Man betrachtete sie als Fremde, die man vor allem wegen ihrer ungebundenen, nicht sesshaften Lebensweise oft mit Abneigung und Hass bedachte. Trotzdem brachten es einige Sinti, zum Beispiel als Schausteller, Musiker, Pferde- oder Antiquitätenhändler, zu einem bescheidenen Wohlstand. Öffentliches Ansehen erwarb sich auch der aus Hannover stammende Boxer Johann ‚Rukeli' Trollmann.
Die nationalsozialistische Verfolgung der als ‚Zigeuner' bezeichneten Menschen setzte zunächst einfach die diskriminierende ‚Landfahrerpolitik' des  Kaiserreichs und der Weimarer Zeit (zum Beispiel unnachsichtige Strafen für Menschen, die wie  -->

Zigeuner aussehen oder einer "zigeuner-typischen" Beschäftigung nachgingen, Verbot von gemeinsamen Reisen von mehrer Familien) in verschärfter Form fort. Erst 1938 kam es zu einer größeren, reichsweiten Verhaftungswelle, in deren Folge  Sinti und Roma in verschiedene KZ eingeliefert wurden. Gleichzeitig begann man, sie mit Hilfe der ,Rassenhygienischen Forschungsstelle' im großen Stil zu erfassen.
Durch den ‚Festsetzungserlass' von 1939 verloren viele Sinti, die ein Wandergewerbe ausübten, ihren Lebensunterhalt. Von März 1943 bis  Februar 1944 wurden mindestens 113 Sinti  - mehr als die Hälfte  Kinder –  aus Hannover nach Auschwitz geschickt..
Von den etwa 23.000 Häftlingen des ‚Zigeunerfamilienlagers' in Auschwitz-Birkenau überlebten nur wenige.
Quelle: Hans-Dieter Schmid. Die Verfolgung der Sinti und Roma durch die Kriminalpolizei Hannover. Kleine Schriften zur Erinnerung



In der Bockstraße in Hannover lebten bis 1942 viele Sinti-Familien. Historisches Museum Hannover, 03726

Im Nordstadt-Krankenhaus wurden Sinti von hannoverschen Ärzten sterilisiert.                         Foto: Dr. Hans-Dieter Schmid



Unbedingt ansehen: Das Filmprojekt "Die Geschichte des Z-Wortes 2021" von Schülerinnen und Schülern der Sophienschule in Hannover zeigt - dokumentarisch und künstlerisch hervorragend gemacht - das Schicksal der Sinti und Roma. Schwerpunkt sind die  Diskriminierungen, die Sterilisationen und die Ermordungen von Sinti in der Nazizeit, die Beschreibung der Täter (sie kamen ungestraft davon) und die  Situation der Sinti in der Bundesrepublik heute. Link -->Die Geschichte des Z-Wortes 2021


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Taternpfahl, Heidenstock, Zigeunerstock

Die gemeinsame Sprache von Sinti und Roma, das Romanes, ist mit zentral- und nordindischen Sprachen verwandt. Die Volksgruppe verließ zum  Ende des ersten Jahrtausends den Nordwesten Indiens, floh vor den auf dem Balkan vorrückenden Türken und wanderte nach  Europa. Dort  stieß sie auf große Ablehnung.
Auf dem Reichstag in Freiburg 1498 beschlossen die Vertreter des Reichs, alle Sinti und Roma auszuweisen. Wer  nicht bis Ostern des folgenden

Jahres ging,  sollte vogelfrei sein, d.h. jeder konnte straflos gegen sie vorgehen, sie sogar töten. Absurder Vorwurf: weil die „Tatern(von Tartaren)“ oder „Zigeuner(wie sie sich selbst nannten)“  nie lange an einem Ort blieben, verdächtigte man sie der Spionage für die Türken.
Die deutschen Staaten versuchten, Zigeuner an die Nachbarschaften abzuschieben. Wer zurückkehre, sollte beim ersten Mal ausgepeitscht, beim zweiten Mal erhängt werden.  Zur Warnung standen  an den Grenzen „Taternpfähle,  Heiden- oder Zigeunerstöcke“ mit abschreckenden Gemälden auf Blech gemalt.
Ein nachgebildeter „Taternpfahl“ ersetzt heute den „Heidenstock“ von 1635 auf dem Kammweg des Deisters.
Bis heute sind Vorurteile gegenüber Sinti und Roma weit verbreitet.
Quelle: Niedersächsische Gedenkstätten



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Vorurteile, die nicht vergehen wollen: Sinti und Roma (abwertend „Zigeuner“ genannt)  gelten als fahrendes Volk, schmutzige Bettler, Betrüger und Diebe.

Kaum jemand kennt ein Mitglied dieser Volksgruppe persönlich. Und doch wollen Vermieter ihnen keine Wohnung geben – deshalb hausen sie oft in Wohnwagen und in Barackenlagern am Stadtrand -,
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Arbeitgeber wollen sie nicht beschäftigen, weil die Schulbildung in den Heimatländern schlecht ist und die meisten keine Berufsausbildung erhalten konnten. Die Europäische Kommission und die UNO  drängen darauf, Schul- und Berufsausbildung, Gesundheit und Unterbringung zu verbessern.

Mehr:
https://www.tagesschau.de/roma132.html


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