Konzentrationslager in Ahlem, Misburg, Mühlenberg, Limmer, Langenhagen, Stöcken

Eine Krankenschwester des Roten Kreuzes gibt  Medizin an einen Überlebenden des KZ Ahlem.
United States Holocaust Memorial Museum, Washington, 07600


Lesezeit: 90 Sekunden
"Auschwitz fand in Hannover statt!"


Das KZ- und Terrorsystem des nationalsozialistischen Deutschland versteckte im Laufe des Krieges die Konzentrationslager nicht mehr weit entfernt von großen Städten.
Außenlager entstanden auch in den Städten, deren Rüstungsindustrie Arbeitskräfte benötigte.
Auschwitz lag nun nicht mehr im fernen Polen. Als Folge der Verlegung des Auschwitz-Außenlagers Laurahütte mit Häftlingen und Wachmannschaften auf den Mühlenberg fand Auschwitz in Hannover statt!


Den drastische Mangel an Arbeitskräften sollten sieben Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme in der Nähe oder auf dem Gelände
von hannoverschen Industrieunternehmen ausgleichen:  Akkumulatorenfabrik (später Varta) in Stöcken,  Continental in Stöcken - ab November 1944 verlegt nach Ahlem - und Limmer, DEURAG/NERAG in Misburg, Brinker Eisenwerke in Langenhagen, Hanomag auf dem Mühlenberg

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Die Unternehmen bezahlten einen Tageslohn an die SS. Diese wiederum zielte durch brutale Ausbeutung und Terror auf eine „Vernichtung durch Arbeit“.
Gegen Kriegsende  wurden 3.380 hannoversche KZ-Häftlinge ab 6. April 1945 in mehreren Todesmärschen durch die Dörfer Isernhagen, Burg-wedel, Fuhrberg und Winsen zum KZ Bergen-Belsen getrieben. (Quelle: Julius H.Krizsan, Die "Todesmärsche" durch Winsen (Aller) im April 1945. Stand 1.5. 2017, Seite 25)

Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde gnadenlos von den Bewachern erschossen.
Die zurückgelassenen 200 Kranken im Lager Ahlem erlebten am 10. April 1945 ihre Befreiung durch amerikanischen Truppen.

Gefangene des Lagers Stöcken erlitten zusammen mit Häftlingen aus dem KZ Mittelbau-Dora ein besonders schlimmes Schicksal: Am 13. April 1945 verbrannte die SS 1.000 Gefangene lebendig in einer Feldscheune bei Gardelegen.



Zeichnungen eines Überlebenden
Der Maler, Bildhauer und Schriftsteller René Baumer wurde 1944 als Widerständler in Frankreich verhaftet und in das KZ Neuengamme und von dort in das Außenlager Hannover-Stöcken AFA gebracht. Er überlebte den Todesmarsch nach Bergen-Belsen und die Befreiung der Häftlinge am 15. April 1945. Im Mai 1945  kehrte er nach Frankreich zurück.
Die Zeichnungen von René Baumer wurden dem Buch "Verzweiflung und Sehnsucht nach Freiheit" entnommen, herausgegeben vom Verein Gegen das Vergessen ./. NS-Zwangsarbeit e.V.,  und mit freundlicher Genehmigung des VSA:Verlag, Hamburg, 2021

Die AFA-Fabrikzentrale vom Lager aus gesehen.

Stöcken, 8.2.1945

Bei Fliegeralarm werden die Häftlinge unter Schlägen von "Kapos" (Häftlinge, die im Auftrag der SS andere Häftlinge mit Schlägen und Schikanen beaufsichtigten) in die Splitterschutzgräben getrieben, wo sie stundenlang im kniehohen eiskalten Wasser stehen mußten.

Stöcken, Dezember 1944

Hinrichtung eines entflohenen Häftlings. Auf der rechten Hosentasche ein roter Mond als Zeichen der Fluchtverdächtigen. Der Gemarterte stirbt langsam, er wird erdrosselt. Stöcken, 19.August 1944

Die Arbeit mit flüssigem Blei für die Akkumulatoren-Herstellung führte zu schmerzhaften Bleikoliken und zur langsamen Vergiftung. Menschen, die bis auf die Knochen abgemagert, dem Hungertod nahe und kaum noch ansprechbar waren, wurden in der Lagersprache "Muselmann" genannt.

Stöcken, 9.1. 1945

Zeichnung eines "Kapo". René Baumer: "Kapo Walter, genannt "Freibeuter", besaß die Fähigkeit eines Raubmörders."

Stöcken, März 1945



Lesezeit: 40 Sekunden
Mahnmal KZ-Außenlager Ahlem, Am Mahnmal
Um sich gegen Bomberangriffe der Alliierten zu schützen, verlegte die Rüstungsindustrie Produktionsstätten zunehmend unter die Erde. Die Continental Gummi-Werke und die Maschinenfabrik Niedersachsen Hannover wählten dafür ein unter Wasser stehendes  Asphalt-Stollensystem in Ahlem.

Ab Ende November 1944 schufteten 750 jüdische Häftlinge in Tag- und Nachtschichten  mit Hämmern und Spitzhacke  unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Jeden Monat starben Hunderte von Häftlingen beim Ausbau der Stollen und wurden aus dem  Stammlager Neuengamme ersetzt. 

Zur Produktion kam es nicht mehr. Wer gehen konnte, wurde im „Todesmarsch“ nach Bergen-Belsen getrieben.  Etwa 200 Kranke  wurden von amerikanischen Truppen am 10. April 1945   befreit – unter anderem vom späteren Außenminister Henry Kissinger.      

-> https://de.wikipedia.org/wiki/KZ-Au%C3%9Fenlager_Hannover-Ahlem

Fotos: Privat, Karte: openstreetmap

Dem Todesmarsch entronnen: Als krank zurückgelassene  Häftlinge nach der Befreiung des KZ .Ahlem am 10. April 1945  durch amerikanische Truppen. United States Holocaust Memorial Museum, Washington 0036

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Mahnmal KZ-Außenlager für Frauen Brink-Hafen, Hackethalstraße
Viehwaggons aus dem  KZ Stutthof bei Danzig transportierten im Oktober 1944  über 500 weibliche Häftlinge  - polnische Frauen, die während des Warschauer Aufstandes verschleppt wurden -  nach Langenhagen.  In den Brinker Eisenwerken wurden sie zur Produktion von Flugzeugteilen, Waffen und Munition gezwungen.

Nach Luftangriffen verlegte die SS Anfang Januar 1945  alle Häftlinge in das KZ-Außenlager Limmer.

Am 6. April 1945 wurden sie auf den Todesmarsch nach Bergen-Belsen getrieben. Dort befreiten Allierte die Überlebenden am 15. April 1945.                  

 

Fotos: Privat, Karte: openstreetmap

Werk II der Brinker Eisenwerke in Hannover-Langenhagen Foto: Privatbesitz, vor 1945 (ANg 2014-596). Aus Buch „Man hörte auf, ein Mensch zu sein", VSA-Verlag

Lesezeit: 30 Sekunden
Gedenktafel KZ-Außenlager für Frauen, Ecke Sackmannstraße/Stockhardweg
Trotz internationaler Ächtung befürchteten die deutschen Militärs Gasangriffe der Alliierten. Die  Continental Gummi-Werke in Limmer  ließen Mitte 1944 ein  KZ-Außenlager neben der Fabrik  errichten. 500 Häftlinge  - Französinnen , Belgierinnen, Italienerinnen, Luxemburgerinnen,  Spanierinnen und Russinnen - aus dem KZ Ravensbrück   produzierten in Tag- und Nachtarbeit Gasmasken am Fließband.

 

Die Baracken waren nach dem Zuzug von 500 weiblichen Häftlingen der Brinker Eisenwerke  hoffnungslos überbelegt. 

 

Vor dem Eintreffen der  Amerikaner in Hannover schleppten sich  die Häftlinge nach Bergen-Belsen, Kranke wurden am 10. April 1945 im Lager Limmer befreit.  

->
https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/geschichte/kz-aussenlager/aussenlagerliste/hannover-limmer/

 

                                           Fotos: Privat, Karte: openstreetmap

 

Französische Frauen aus dem KZ Limmer.
Historisches Museum Hannover 00797

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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Gedenkplatte KZ-Außenlager Mühlenberg, Kirchenzentrum  Mühlenberg, Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Mühlenberger Markt 5

Das Zwangsarbeiterlager Mühlenberg befand sich in 3 km Nähe zum Rüstungsbetrieb Hanomag. Anfang Februar 1944 nutzte die SS einen Teil des Lagers als KZ für jüdische Häftlinge des Lagers Laurahütte (einem Nebenlager des KZ Auschwitz) in der Nähe von Kattowitz.  Zu Fuß  führte der Leidensweg nach Hannover. In der  Hanomag schufteten sie für die Produktion von Flakgeschützen. 180 Häftlinge starben in 2 Monaten und  wurden in Massengräbern zwischen den Baracken verscharrt.  Nach der Räumung des Lagers am 6. April 1945 erschoss die SS 50 zurückgelassene kranke Häftlinge. Der Lagerkommandant  wurde nach Kriegsende zum  Tode verurteilt und hingerichtet.
Foto: Privat, Karte: openstreetmap

Die jüdischen Häftlinge wurden jeden Tag in das 3 km entfernte Rüstungsunternehmen Hanomag getrieben.
Postkarte Deisterplatz 1910

Lesezeit: 20 Sekunden
Mahnmal KZ-Außenlager Misburg, Hannoversche Straße
Nach verheerenden Luftangriffen auf die  kriegswichtige  Erdölraffinerie  DEURAG/NERAG  Mai/Juni 1944 entstand Ende Juni 1944 auf dem Werksgelände  zur Trümmerräumung ein Konzentrationslager  für ca. 1000 männliche Häftlinge aus Russland,  Polen und Frankreich.

Bomben-Suchkommandos  spürten unter Lebensgefahr Bomben im Werksgelände und den Wohngebieten Misburgs auf. 55 Todesfälle sind dokumentiert.
Das Lager wurde am 6. April 1945 aufgelöst.

->https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/geschichte/kz-aussenlager/aussenlagerliste/hannover-misburg/
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap

Gelände der DEURAG/NERAG nach den Luftangriffen 1944.                                   
CL 3418 Imperial War Museum, London

KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter wurden zum Räumen von Blindgängern an hannoverschen Bahnstrecken  gezwungen.
Historisches Museum Hannover, 009985

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Denkmal KZ-Außenlager Stöcken (AFA), Garbsener Landstraße/Auf der Horst
Im Juli 1943 errichteten Häftlinge neben der damaligen Akkumulatoren-Fabrik AG  ein KZ-Außenlager für 1500 Häftlinge.
Die gefährliche Produktion von Batterien für U-Boote und Torpedos ohne Sicherheitsmaßnahmen, die schlechte Ernährung und die brutale Behandlung durch die Wachmannschaften führten zu vielen hundert Todesfällen. Nach Räumung des Lagers am  6. und 8 April trieb die SS „marschfähige“ Häftlinge in das KZ Bergen-Belsen.                                                        
Fotos: Privat, Karte: openstreetmap

KZ Stöcken Akku. Vor dem Kreuz befindet sich ein Massengrab. Aufnahme von 1946. Imperial War Museum, London, BU 9401

Im KZ Stöcken und anderen Konzentrationslagern starben hunderte Häftlinge noch nach der Befreiung an Auszehrung und Krankheiten.
Die zuvor in Massengräbern auf dem KZ-Gelände verscharrten Leichen wurden 1946  geborgen und in Särgen bestattet. Historisches Museum Hannover, 12008



Lesezeit: 10 Sekunden

Zum KZ Hannover-Stöcken (Continental) gibt es weder eine Gedenkstätte noch eine Erinnerungstafel. Für das Außenlager des KZ's Neuengamme wurde das vorhandene Barackenlager für Zwangsarbeiter "aller Nationen" benutzt - ergänzt um einen 3 m hohen Elektrozaun mit Sichtblenden. Es lag in direkter Nachbarschaft des Conti-Werks nord-westlich der Stelinger Straße. 1000 polnische Juden stammten aus dem geräumten Ghetto von Lodz, hatten Auschwitz in einem Transport verlassen und erreichten das Conti-Lager am 7./8. September 1944.
Kommandoführer war der berüchtigte Otto Harder - siehe Täter. Die Häftlinge mußten  11 Stunden in der Reifenproduktion arbeiten. 80 Häftlinge starben an Hunger und Entkräftung. Weil die kriegswichtige Produktion der Conti unter die Erde verlagert werden sollte, wurde in Ahlem ein Asphalt-Stollen ausgehoben. Die SS verlegt die Häftlinge nach Aufforderung durch Continental am 30. November 1944 in das neben dem Stollen gelegene KZ-Außenlager Hannover-Ahlem. ->https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/geschichte/kz-aussenlager/aussenlagerliste/hannover-stoecken-continental/

Foto: Openstreet-map


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Wissen + Verstehen = Anwenden:
In den KZs wurden ohne  jede Gerichtsverhandlung Menschen inhaftiert, die dem nationalsozialistischen Bild der Volksgemeinschaft nicht entsprachen: „Asoziale“, „Arbeitsscheue“, mehrfach Vorbestrafte, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Juden, Roma und Sinti.  Mit Beginn des  2. Weltkrieges wurden Zivilpersonen und Kriegsgefangene  aus  den besetzen Ländern wie Polen, Frankreich, Tschechien Niederlande, Belgien und Jugoslawien  zur „Vernichtung durch Schwerst-Arbeit“ gezwungen – in Konzentrationslagern oder in deren Außenlagern, die  häufig in der Nähe von Rüstungsbetrieben errichtet wurden.    

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Der Anteil der deutschen Häftlinge  lag nur noch bei 5 – 10 %.     

Während  der Judenverfolgung nach dem Einmarsch in Polen und in die ehemalige Sowjetunion entstanden  die Vernichtungslager mit dem einzigen Ziel, Juden, Roma, Sinti und andere Minderheiten massenhaft zu ermorden.

Grundlage für diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit war die Ansicht der Nazis, die Deutschen seien als "Arier" überlegen.

 

Verachtung und Herabsetzung von anderen lässt sich auch heute wieder feststellen: so sind viele voreingenommen z. B. gegenüber "Asylanten", Mitbürgern aus dem Nahen Osten oder Afrika, Obdachlosen, Beziehern von Sozialeinkommen u.v. mehr.



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